Tradition und moderate Moderne in sogfältig abgestimmter Koexistenz, ohne sture Dogmatik, die der Lebendigkeit abträglich wäre, kennzeichnet die beiden revitalisierten herrschaftlichen Residenzen in allen Details. Das beginnt in den Höfen, die eine robuste, werthaltige Granitsteinpflasterung erhielten. Als Beleuchtung kamen in allen Bereichen unter Dach Nachbildungen historischer Leuchten, wie zum Beispiel die nach Originalmodellen aus Messing gegossenen Wiener Barocklaternen in den Durchfahrten, zum Einsatz; im Freien liefern Bodenfluter ein adäquates Abendlicht. Die den Hof des Palais Trauttmansdorff nach Westen abschließende frühere Betonplattenfassade des 1971 errichteten Bürotraktes an der Schenkenstraße erhielt einen glatten Kalkputz, in der Erdgeschoßzone vorgeblendete vertikale Lamellen bieten dem Dahinter einen Sichtschutz und verankern das Haus optisch im Boden.
Oft sind es die Errungenschaften modernen Sicherheitsdenkens, die damit einhergehenden gesetzlichen Vorschriften sowie darauf abgestimmten Industrieerzeugnissen, die das Flair (nicht nur) alter Bauten ruinieren. Das muss nicht sein, exerziert Martin Mittermair vor. Zum Beispiel anhand der Fluchtwegbeleuchtung, die er anstatt der üblichen unförmigen Apparatschaften in Form eines dezenten Piktogramms plus einer separat davon – vorzugsweise in Nischen – platzierten kleinen LED-Linse löste.
Auch die beiden neuen Lifte wurde als edle Sonderanfertigung – mit Portalen aus messingfarben schimmerndem Edelstahlblech, 2,40 Meter hohen Kabine und Glaswänden mit eingegossenem Messinggewebe – dem wertvollen Baubestand adäquat ausgestattet. Mangels Verfügbarkeit des historischen „Kaisersteins“, einem harten Leithakalk aus dem aufgelassenem Kaisersteinbruch im heutigen Burgenland wurden die neuen „Äste“, die von der barocken Wendeltreppe im Palais Batthyány-Strattmann hin zu den neuen Wohnungen führen sowie die Verlängerung der Treppe im Palais Trauttmansdorff aus einem in der Anmutung entsprechenden kroatischen Muschelkalkstein –hier gestockt, dort gebürstet – ausgeführt. Großformatige Tintenblei-Zeichnungen von Alex Klein, der sich in einem Bilderzyklus mit dem Umbau auseinandersetzte und analog fotografierte Aufnahmen der Baustelle von Stefan Oláh bereichern die Entrees.
Fürstliche Pracht trifft modernen Lebensstil
Keine der 22 Wohnungen gleicht der anderen. Ihr Zuschnitt und ihre jeweilige Grundrissfläche reagieren auf die spezifische Lage im Bestand, auf vorhandene Öffnungen, Niveauunterschiede und die unterschiedlichen Raumhöhen. Einer besonderen Behandlung bedurfte die größte unter ihnen, die in den Punkräumen in der Beletage des Palais Trauttmansdorff eingerichtet wurde. Der Wintergarten mit seinem schönen Terrazzoboden und der filigranen Laubsägearbeit an der Decke bildet gemeinsam mit dem Goldkabinett mit original erhaltenen Seidenmalereien den Auftakt zu den prachtvollen Salons. Dank sorgfältiger denkmalgerechter Restaurierung erstrahlen die mit vergoldet gerahmten Felder mit Spiegeln, Damastbespannungen und Supraporten gegliederten Wände und die Stuckplafonds in neuer Herrlichkeit. Die Wandbespannungen im roten Salon stammen aus einer Restaurierung der 1970er Jahre, in anderen Räumen wurde die Tapezierung neu hergestellt; die intarsierten Parkettböden wurden teilweise aus Altbeständen ergänzt. In dieses Ambiente eine heute so selbstverständlich als Teil des Wohnbereichs betrachtete Einrichtung wie eine Küche zu integrieren, erfordert einiges an Geschick. Sie fand Platz in jenem Salon, der an das Goldkabinett anschließt und das Gelenk zwischen den straßenseitigen Wohn- und Repräsentationsräumen und dem hofseitig orientierten privaten Schlaf- und Badezimmertrakt bildet. Da es undenkbar wäre, den mit chamoisfarbenen Damast ausgekleideten Raum mit einer gewöhnlichen wandgebundenen Küchenzeile zu versehen, entwickelte Martin Mittermair einen freistehenden Küchenblock aus patiniertem Messing. Sein Futteral aus Carrara Marmor entspricht der Materialität des vorhandenen historischen Eckkamins. Südlich der Wohnräume werden im ehemaligen Speisezimmer über einen vorgelagerten Gangbereich drei gleichermaßen als Kinder-, Gäste- und Personalzimmer geeignete Einheiten erschlossen.
Die beachtliche lichte Höhe der ehemaligen fürstlichen Wohnstatt wurde genutzt, um auf je einer Galerieebene jeweils ein Badezimmer unterzubringen. Abgesehen vom 387 Quadratmetern einnehmenden Prachtapartment und einigen rund 160 – 170 Quadratmeter großen Wohnungen finden sich im Palais Trauttmansdorff auch vier Kleinwohnungen, denen es nicht an Großzügigkeit mangelt. Das liegt nicht nur an den Raumhöhen von bis zu 4,90 Metern, sondern auch an einer klugen Grundrissorganisation und Glasschlitzen die die ganze Raumsequenz erfahrbar machen.
Mit Sinn für die Historie in die Zukunft
Die Palais Batthyány-Strattmann und Trauttmansdorff als neue Wohnadresse
Franziska Leeb, Teil 2