Palais.Palais. Beletage

2013 -2016
Wien I, Herrengasse 19-21

Wie schon an der Fassade wurde auch im Inneren eine gute Hand für die Farbgestaltung und Wissen um historische Fassungstechniken bewiesen. Dies zeigt sich oft ganz subtil, im Stiegenhaus des Palais Trauttmansdorff zum Beispiel am schmiedeeisernen Geländer, das in einem dunklen Petrolton gestrichen wurde, der weniger hart ist als das übliche Schwarz, das sich entgegen der ursprünglich üblichen farbigen Fassungen irgendwann als Anstrich für Eisengitter eingebürgert hat.

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Wie schon an der Fassade wurde auch im Inneren eine gute Hand für die Farbgestaltung und Wissen um historische Fassungstechniken bewiesen. Dies zeigt sich oft ganz subtil, im Stiegenhaus des Palais Trauttmansdorff zum Beispiel am schmiedeeisernen Geländer, das in einem dunklen Petrolton gestrichen wurde, der weniger hart ist als das übliche Schwarz, das sich entgegen der ursprünglich üblichen farbigen Fassungen irgendwann als Anstrich für Eisengitter eingebürgert hat.

Die zum Innenhof hin orientierten Zimmer im Palais Batthyány-Strattmann wurden zwecks besserer Belichtung mit schmalen französischen Fenstern versehen. Die Maße der schlanken Einschnitte variieren analog zu den unterschiedlichen Räumhöhen, der Harmonie der Fassade tut dies keinen Abbruch. Auch auf die Atmosphäre des Hofes wirken sich diese vergrößerten Fenster positiv aus, indem sie mit ihren Scheiben das zenitale Tageslicht in die Tiefe dieses mit Sitzmöbeln aus alten Trämen ausgestatteten Binnenraums reflektieren. Im ersten Stock verläuft entlang der Nord- und Ostseite des Hofes eine holzgedeckte Terrasse, die einerseits den Zimmern eine Erweiterung ins Freie bietet und vom Treppenhaus zugänglich als gemeinschaftlich nutzbarer Bereich zur Verfügung steht.  Die Ausstattung sämtlicher Wohnungen ist – wie könnte es anders sein – von hochwertiger Qualität und erlesenem Geschmack. Da die Vorräume von den angrenzenden Wohnbereichen nicht abgetrennt sind – wie generell die Grundrisse, sofern es die Funktion erlaubt, recht offen organisiert sind – spürt man bereits beim Eintreten die Größe des gesamten Raums.

Die überhohen Türen, wenn nicht als Füllungstüren mit historischen Profilierungen und Messingbeschlägen ausgeführt, schlagen mit verdeckt liegenden Bändern stumpf ein. Auf den Böden wurde in großformatigem Fischgrät ein edles Parkett aus französischer Eiche verlegt. Die durchwegs offenen Küchen nach Entwürfen des Architekten in schlichtem Weiß gehalten, bleiben dezent im Hintergrund. Auf den Fußböden der Bäder kamen großformatige Platten aus Carrara Marmor zum Einsatz, an den Wänden nach alter Methode handgefertigte Delfter Fliesen in drei verschiedenen Weißschattierungen, die ein leichtes Vibrato erzeugen. Ihre glasierten Kanten machen schützende Profile überflüssig.  Die Waschtische wurden maßgefertigt: Becken aus weißem Acrylstein auf polierten Edelstahlgestellen mit lederbezogenen Handtuchstangen, die Laden aus Makassar-Ebenholz, das auch zur Zeit des Historismus gern verwendet wurde. Schlitze aus satiniertem Glas lassen Tageslicht eindringen. Wie bei den hohen weißen Sesselleisten in den Zimmern oder den auf Gehrung geschnittenen Stufen wurde bis ins letzte Detail auf Palais-Gemäßheit geachtet. Während in den Prunkräumen die historischen Fenster zur Gänze erhalten sind, wurden in den anderen Wohnungen neue Kastenfenster mit Innenflügeln aus Isolierglas und nach altem Vorbild gegossenen Beschlägen angefertigt.

Hightech und Harmonie in der Dachzone

Die Dächer, unter denen einst maximal Dienstbotenkammern bewohnt wurden, wurde unter hohem konstruktiven Aufwand für den Ausbau mit zweigeschossigen Maisonettewohnungen (im Palais Trauttmansdorff) und Galerie-Ebenen (im Palais Batthyány-Strattmann) und zugeordneten Terrassen und Loggien gewappnet. Die denkmalgeschützten, rund 300 Jahre alten straßenseitigen Kehlbalkendachstühle galt es selbstverständlich zu erhalten. Um den Anforderungen des Brandschutzes gerecht zu werden, wurden sie von ihrer tragenden Funktion befreit. Diese Aufgabe übernimmt nun die Stahlkonstruktion der neuen Dachhülle. Hofseitig durften die Dachflächen statt der original 45-gradigen Dachneigung auf 75 Grad steiler gestellt werden, womit gut nutzbare Räume gewonnen werden konnten, ohne ein Staffelgeschoss aufzusetzen. Glasbänder im First sorgen für Licht von oben.

Gradläufige Treppen mit Wangen aus mit Büffelbeize gewachstem rohen Stahl führen auf die Galerien. Die Mächtigkeit des alten Gebälks, das nun eine neue Bestimmung als großes raumbildenden Möbel gefunden hat, blieb in jeder Wohneinheit auf variantenreiche Weise und geschossübergreifend spürbar. Gelegentlich markieren die Stuhlsäulen und Kehlbalken eigene Räume innerhalb der Wohnbereiche; oft tritt das Gespärre skulptural in Erscheinung und durchzieht auch die Fensteröffnungen, die im Hinblick auf eine harmonische Dachlandschaft über den Dachstuhl hinweg in regelmäßigem Rhythmus gesetzt wurden.

Viele Details spielen zusammen, dass das im Grunde völlig neue Dach aus der Vogelschau nicht als störend wahrgenommen wird. Zunächst liegt es daran, dass sämtliche Außenwände und Umfassungswände in der Dachzone im gleichen Rostrot wie die mit „Wiener Taschen“ ausgeführte Dachdeckung verputzt wurden, womit das Dach als homogener Körper erscheint. Die sonst oft die Konturen störenden und Unruhe in die innerstädtischen Dachlandschaften bringenden Sonnenschutzvorrichtungen wie Markisen und Außenjalousien konnten zur Gänze vermieden werden. Denn es wurden – erstmals in Österreich – sämtliche Dachfenster mit elektrochromen Verglasungen ausgestattet. Rollos im Inneren bieten bei Bedarf Sichtschutz.  Störende Haustechnik-Aufbauten sucht man vergebens, sie wurden gut versteckt in einem eigenen Bauteil an der Schenkenstraße untergebracht. Wie so oft im Umgang mit historischer, denkmalgeschützter Substanz gilt auch hier: Die Qualität manifestiert sich auch in jenen Dingen, die man nicht sieht!   

Mit Sinn für die Historie in die Zukunft
Die Palais Batthyány-Strattmann und Trauttmansdorff als neue Wohnadresse
Franziska Leeb, Teil 3

 

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Fotos
Stefan Oláh